twitter instagram custom youtube linkedin 
Februar 2022

Schönen Samstag reader!

Vladimir Putin hat den Krieg nach Europa zurückgebracht. Dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ein kolossaler Bruch des Völkerrechts, ein Feldzug gegen die ukrainische Bevölkerung und ein Anschlag auf die europäische Sicherheit ist, ist klar. Ebenso, dass unsere bedingungslose Solidarität der Ukraine, ihrer demokratischen Regierung, den mutigen Widerstandskämpfern und allen Zivilisten gilt. Die Großmachtfantasien des russischen Präsidenten sollten nach dem Kaukasuskrieg, der Krim-Invasion und der blutigen Unterstützung Assads in Syrien nicht mehr überraschen. Gleichzeitig muss der Angriff nun einen Wendepunkt europäischer Außen- und Sicherheitspolitik markieren, nur so kann unsere Freiheit langfristig gesichert werden.

On a different note: In den vergangenen zwei Wochen sind auf keepitliberal.de neben einer weiteren Folge unseres Podcasts „kontextlos“ mit Jonathan und Nils, zwei Artikel erschienen. Zunächst ist es unser Gastautor James, der sich in seinem Artikel einer Äußerung des sog. Drogenbeauftragten der Bundesregierung annimmt, in der das Verbot der Alkoholabgabe an 16-Jährige gefordert wurde. Warum das keine gute Idee ist und warum es ohnehin keinen Bundesdrogenbeauftragten braucht, erfahrt ihr in seinem Artikel. Auch ich, Niko, durfte in dieser Woche einen Artikel beisteuern. In diesem ich die Ansprache des russischen Präsidenten Putin analysiere, die einen Tag vor der Invasion für Aufsehen sorgte. Warum diese eine geschichtliche Kriegserklärung darstellt und welche fünf zentralen Schlüsse aus seiner Rede zu ziehen ist – mehr dazu in meinem Artikel.
Logoweiß
Ein schönes Wochenende und bleib gesund!
Liebe Grüße, Niko

meint! - pointierte liberale Meinungen

Putins roter Teppich – wir haben versagt

1994 war die Ukraine eine der größten Atommächte der Welt. Sie gab ihre Atomwaffen im Austausch für die verbriefte Anerkennung ihrer Grenzen und Unterstützung bei Bedrohung selbiger auf. 28 Jahre später marschiert eine der unterzeichnenden Nationen ein und aus dem Westen hört man Grillenzirpen. Was konnte das passieren, wer trägt Schuld, worauf kann man hoffen? Differenzierte Antworten auf diese Fragen werden Historiker viele finden, ein paar offensichtliche kann man schon heute skizzieren:

Deutschland und viele andere europäische Länder haben in den letzten zwei Dekaden auf Appeasement gesetzt. Nach dem Motto „schlafende Hunde weckt man nicht“ wurde versucht es Putins Russland recht zu machen, egal welche Grenzübertretung – im übertragenen und wörtlichen Sinne – es sich erlaubte. Der Autokrat durfte seine Grenzen ausloten, ob mit Attentaten auf europäischem Boden oder der Annexion der Krim. Konsequenzen hatten diese Verbrechen keine – im Gegenteil, Europa, allen voran Deutschland manifestierte seine Abhängigkeit von Russland mit einer verfehlten Energiepolitik und rollte ihm in Form von naivem Pazifismus, einer verwahrlosten Bundeswehr, Antiamerikanismus, Putinapologeten in hohen Ämtern und großer Medienpräsenz, und Blockade der Aufnahme der Ukraine in die NATO den roten Teppich aus.

Das Erbe Merkels ist auch ein Energiemix, aus dem dank des unkompensierbaren Atomausstiegs und des (grundsätzlich begrüßenswerten) Rückbaus der Kohleförderung eine Bindung an eine Autokratie erwachsen ist, die so nie hätte sein dürfen. Es hat nach monatelangem Ringen den Einmarsch Russlands in die Ukraine gebraucht, um das unselige Projekt Nordstream 2 endlich zu beerdigen. Eines ist schon jetzt klar: Deutschlands Strom wurde dank dieser Politik weder billig noch sauber, im Gegenteil, er ist völkerrechtlich beschmutzt und blutig.

Es gibt nicht viel, was im politischen Deutschland populärer ist als die Verunglimpfung der Bundeswehr, die Forderung nach ihrer Abrüstung und die Kritik an Militärausgaben. In den letzten 20 Jahren wurde die Bundeswehr zur Rumpftruppe und der Heeresinspekteur Alfons Mais sieht sich zur Aussage genötigt, die Bundeswehr stehe mehr oder weniger blank da, im Hinblick auf eine potenzielle Unterstützung der Ukraine oder gar einen Verteidigungsfall. Die Verachtung, die den deutschen Soldaten entgegengebracht wird entspringt einem naiven Pazifismus, der seinen Ursprung in der 68er Generation hat, und sich durch die Vorstellung auszeichnet, Friede könne ein Dauerzustand werden, wenn man selbst nur friedlich genug ist. Das ist falsch. Die Welt ist voller Konfliktpotential, Friede muss verteidigt werden, er ist ein aktives Bestreben. Demokratie und Freiheit sind nur von Dauer, wenn sie wehrhaft sind. Und Wehrhaftigkeit – so wichtig Diplomatie ist – entspringt auf internationaler Bühne aus militärischer und wirtschaftlicher Stärke. Ein Aggressor muss einen Grund sehen am Verhandlungstisch zu bleiben, oder an ihn zurückzukehren. Dementsprechend ist das Sprichwort „si vis pacem, para bellum“ auch nach Millenia nicht veraltet. Das ist kein Aufruf zum Aufrüsten, das ist der Wunsch, wehrhaft zu bleiben, wie auch Marie Agnes Strack-Zimmermann unlängst auf Twitter formulierte.

Derzeit zeigt sich die Ukraine noch erstaunlich wehrhaft. Sie verfügen über eine 250 000 Mann starke Armee und vielerorts wurden die russischen Invasoren gebremst – unter anderem mit Hilfe von Waffen, die andere europäische Länder, wie Großbritannien, zur Verfügung gestellt haben. Zur Schande Deutschlands, sind von uns noch nicht einmal die lachhaften 5000 Helme in der Region angekommen, die Weigerung Waffen zu liefern bleibt bestehen.

Was mich zu unseren Spitzenpolitikern bringt, die für diese Entscheidungen verantwortlich sind. Es ist allseits bekannt, dass sowohl die Spitze der Linkspartei als auch die AfD so gerne mit Russland kuscheln, dass man sich fragt, ob überhaupt so viel Platz in Putins Enddarm ist und er diese Schmeichelei auch wirklich zu würdigen weiß. Wesentlich problematischer, weil bedeutsamer, sind für mich die als Hemmschuh gegen scharfe Sanktionen agierenden Spitzenpolitiker der SPD. Sei es Schwesig und ihr Prestige-Projekt NS2, Ralf Stegner, der nichts besseres zu tun hat als auf Twitter unerträgliche Relativierungen des Konflikts zu verbreiten oder Ralf Mützenich, der von „berechtigten russichen Sicherheitsinteressen“ faselt. Olaf Scholz muss – auch in Anbetracht eines SPD-Bundeskanzlers, der sich Putins Freund schimpft – den Ruf der Partei und Deutschlands retten. Das geht nur, indem wir nicht länger zögern, zaudern und blockieren bei Sanktionen gegen Russland. Natürlich muss ein SWIFT-Ausschluss Russlands auf den Tisch, 50 Mrd potenzielle Verluste sind in Anbetracht dessen, was monatlich während der Lockdowns kompensiert wurde kein relevanter Preis für die Verteidigung von Demokratie und Freiheit.

Und – nun komme ich zu den Perspektiven – es ist notwendig, Putin zu zeigen, dass Europa ent- und geschlossen agieren kann. Kein Sanktionsfleckenteppich, gemeinsames Handeln, gemeinsame Stellungnahmen in der nötigen Schärfe. Doch auch Europa hat heute bereits enttäuscht und sich bei Gazprom zusätzliches Gas eingekauft, das durch die Ukraine geleitet wird. Was bleibt also als Hoffnung, da auch die USA nicht eingreifen wird, solange der NATO-Bündnisfall nicht ausgerufen wird? Carlo Masala, Sicherheitsexperte und Professor der Bundeswehruniversität München, bringt eine Aufkündigung der NATO-Russland Grundakte von 1997 ins Spiel, mit Stationierung substantieller Kampfverbände an der Ostgrenze der NATO, und die rasche Erweiterung der NATO-Mitgliedsstaaten um Schweden und Finnland. Zeigen, dass man nicht zusehen wird, wie Putin seine Fantasie von einer neuen Sowjetunion in die Tat umsetzt.

Doch für mich gibt es noch eine andere Hoffnung: Die russischen Bürger selbst. Wenn es Putin nicht gelingt, einen raschen Sieg mit geringen Verlusten zu erringen, können die bereits stattfindenden Proteste sich manifestieren. Es gibt Berichte über zweifelhafte Moral der russischen Truppen, die ihr Leben nicht für die Großmachtfantasien eines Staatschefs geben wollen, dessen Rückhalt in der Bevölkerung schon lange bröckelt. Doch bis zu einer Revolution im eigenen Land ist es ein langer Weg, der viele ungute Wendungen nehmen kann. Also lasst uns nun tun, was in unserer Macht steht, um die Ukraine und ihre Unabhängigkeit zu unterstützen. Und so schön und gut gemeint symoblische Gesten, wie die Beleuchtung von Gebäuden in den ukrainischen Farben, gemeint sein können: vor Ort helfen sie wenig. Deshalb haben wir für euch Links zu zwei Spendenaktionen, mit denen ihr den Ukrainern und Ukrainerinnen, die um ihre Heimat und ihr Leben fürchten, unmittelbar helfen könnt. Danke für euren Support, er ist sehr viel wert!

Caritas
Kyiv Independent

Ein Meinungsbeitrag von Florian

Der Rückblick der Woche

Putins Märchenstunde

Putins Märchenstunde
Die Rede des russischen Präsidenten auf Fakten zu überprüfen, würde wohl mehrere Tage, wenn nicht Wochen in Anspruch nehmen. Die Aufregung allerdings, die sie lostrat, zeigt, wie sehr die genuinen Motive Putins bislang unterschätzt wurden.

Schafft das Amt des Bundesdrogenbeauftragten ab!

Schafft das Amt des Bundesdrogenbeauftragten ab!
Anstelle von Neuigkeiten zur erwarteten Cannabis-Legalisierung überrascht der neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung zum Amtsantritt mit der Idee, 16-Jährigen Bier und Sekt zu verbieten. Unser Gastautor über Sinn und vor allem Unsinn dieses Amtes.

kontextlos #31 - Brauchtumszonen & Belagerung

kontextlos #31 - Brauchtumszonen & Belagerung
In Folge #31 von "kontextlos" feiern Jonathan und Nils verspätet die 30. Folge und freuen sich auf den höchsten Feiertag im Rheinland. Außerdem geht es um die angekündigten Corona-Lockerungen und die russische Aggression an der ukrainischen Grenze.
Wir haben eine breite Themenauswahl - was interessiert dich?

Ihr wollt unsere Arbeit und zukünftige Projekte unterstützen?

Über uns

Wir, das sind zehn junge, politikinteressierte Frauen und Männer, die sich für den Liberalismus engagieren. Genervt von schlechter Debattenkultur, Polemik und Populismus kam uns die Idee, eine Plattform für den Liberalismus abseits von Hottakes und Shitstorms zu schaffen.
Email Marketing Powered by MailPoet