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April 2022

Schönen Sonntag reader!

Wenn Putin schon nicht in der Ukraine gewinnen kann, dann vielleicht in Frankreich? Es wird gewählt bei unseren französischen Nachbarn – heute in der ersten Runde, zwei Wochen später in der zweiten. Und auch wenn eine Wiederwahl Emmanuel Macrons wahrscheinlich bleibt, so kann der Sieg von Marine Le Pen nicht ausgeschlossen werden. Nie war sie näher an der Macht, nie war Vladimir Putin näher an den Schaltknöpfen der französischen Exekutive. Die Wahl in Frankreich, sie ist eine Richtungswahl; für Europa, für den Liberalismus und für die Demokratie in der Welt. Hoffen wir, dass sich Frankreich heute und in zwei Wochen richtig entscheidet.
Logoweiß
Ein schönes Wochenende und bleib gesund!
Liebe Grüße, Niko

meint! - pointierte liberale Meinungen

Dauerbrenner Vorratsdatenspeicherung

Es ist der Dauerbrenner deutscher Innen-, Sicherheits-, und Bürgerrechtspolitik: Die Vorratsdatenspeicherung. Am 9. November 2007 brachte die damalige große Koalition den feuchten Traum von CDU/CSU erstmals durch den Gesetzgebungsprozess. Zum Zwecke der Prävention von Straftaten sollten anlasslos Daten aus jedweder Form von Kommunikationsmittel gespeichert werden. Rufnummern, Verbindungszeiten, Internetprotokolle, Ein- und Ausgänge von E-Mails und Etliches mehr. Schon Ende desselben Jahres gingen Verfassungsbeschwerden gegen die Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Insgesamt wandten sich 34.939 Beschwerdeführer gegen die Gesetzgebung der großen Koalition. 2008 schränkte das Bundesverfassungsgericht die damalige Form der Vorratsdatenspeicherung einstweilig massiv ein, bevor es sie im Jahr 2009 für komplett verfassungswidrig erklärte. In den folgenden Jahren wurde die Vorratsdatenspeicherung allerdings keinesfalls irrelevanter. Deutschland wehrte sich in diesen Jahren gegen die Obliegenheit aus einer EU-Richtlinie, eine Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Dies führte bis zu einer Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik. Im Jahr 2015 nahm die Datenspeicherung in Deutschland einen zweiten Anlauf. Der Bundestag verabschiedete dabei den Regierungsentwurf „zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten.“. Dabei handelte es sich um die Wiedereinführung der schon bekannten und für verfassungswidrig erklärten Datenspeicherung - bgeändert, um möglichst den Hauptargumenten des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009 zu entsprechen. Gegen diese neue Form der Datenspeicherung gingen erneut eine Vielzahl von Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe ein. Darunter im Jahr 2016 eine Beschwerde der FDP, inklusive des Bundesvorsitzenden Lindner, des Stellvertreters Kubicki und der ehemaligen Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Weiterhin sind verwandte Verfahren am Verwaltungsgericht Köln, am Oberverwaltungsgericht Münster und am Bundesverwaltungsgericht anhängig. Eine grundlegende Entscheidung zur Datenspeicherung gibt es allerdings immer noch nicht.

Jedoch kam jüngst sowohl ein Urteil des EuGH als auch ein Gutachten eines ehemaligen EuGH-Richters zustande, welches den Wind gegen die deutsche Form der Vorratsspeicherung weiter drehen könnte. Der EuGH legt in seinem Urteil dar, dass es eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung für nicht vereinbar mit EU-Recht hält. Dies gilt laut des EuGH auch dann, wenn die pauschale Vorratsdatenspeicherung zur Verfolgung schwerer Straftaten dient. Nur im Falle staatsgefährdender Straftaten, wie beispielsweise zur Abwehr von Terroranschlägen, sei eine pauschale Speicherung mit dem Recht der Europäischen Union
vereinbar. Auch hier macht der EuGH klar, dass die abstrakte Gefahr einer staatsgefährdenden Straftat nicht ausreicht. Es bedarf hinreichend konkreter Umstände. Weiterhin kommt der Ex-EuGH-Richter Vadapalas in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass eine Speicherung auf unbegrenzte Zeit ebenfalls nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Unter dem Strich sind das keine guten Vorzeichen für eine innerdeutsche juristische Auseinandersetzung mit der aktuellen Form Datenspeicherung.

Dazu wird es aber eventuell gar nicht kommen. Die jüngsten Einschätzungen auf europäischer Ebene öffnen die Türen für zweierlei Novellen. Einerseits begründen diese Einschätzung noch einmal die Notwenigkeit einer Überwachungsgesamtrechnung. Dieses Vorhaben ist im aktuellen Koalitionsvertrag bereits enthalten. Geschaffen werden soll dabei ein Weg, um die Last der in die bürgerliche Freiheit eingreifenden Überwachungsmaßnahmen festzustellen, zu bewerten und im verfassungsrechtlich gebotenen Rahmen zu halten. Außerdem sollten die jüngste Rechtsprechung Anlass dazu sein, die in Deutschland bestehende Form der Datenspeicherung durch ein „Quick-Freeze-System“ zu ersetzten, welches die FDP schon lange fordert. Dabei werden Daten erst auf richterliche Anordnung, und damit erst bei vorhandenem Anfangsverdacht temporär aufgezeichnet. Auch dieses Vorhaben ist mittlerweile Koalitionsbestand und wird wohl durch das Bundesministerium der Justiz schon heute bearbeitet. Ein solches Verfahren ist nicht nur bürgerrechtskonform/sichernd/wahrend, sondern schon heute ersichtlich mit europäischem Recht vereinbar. Die Ampel scheint damit auf bestem Weg Sicherheit endlich in ein gesundes Verhältnis zu Bürgerrechten zu bringen!

Ein Meinungsbeitrag von Marinus
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