Die Benzinpreise sollen steigen. Weiter steigen, gab es doch bereits am Anfang dieses Jahres einen Preisanstieg von sieben Cent pro Liter als Folge der Einführung der CO2-Steuer. Den Grünen aber gehen die Klima-Reformen der Bundesregierung nicht weit genug, auf 60 Euro solle der CO2-Preis bereits im nächsten Jahr ansteigen und mit ihm die Benzinpreise um 16 Cent. So zumindest Annalena Baerbock, die mit ihrem Statement eine Welle der politischen Empörung auslöste.
“Besorgniserregend” seien die Vorschläge der Grünen, sagte Verkehrsminister Scheuer und fügte an: “Es geht nicht, dass die Preise immer weiter nach oben gehen”. Für Finanzminister Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, zeige sich, durch das Drehen an der “Spritpreisschraube”, wie egal den Grünen “die Nöte der Bürgerinnen und Bürger sind”. Auch von Seiten der Linken und der FDP kamen höhnische Töne, die AfD nutzte indessen die Aufregung, um mal wieder gegen den Klimaschutz zu polemisieren.
Und die Grünen? Diese werfen ihren politischen Gegnern nun Klimaheuchelei vor. Und liegen damit ehrlicherweise nicht falsch, denn Klimaschutz ohne steigende CO2-Preise bleibt nun mal ein leeres Versprechen. Die große Koalition aus Union und SPD hatte deswegen bereits im letzten Jahr beschlossen, den CO2-Preis bis 2025 sukzessive auf 55 Euro zu erhöhen. Nach dem bahnbrechenden Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts verkündeten Klimaschutzexperten beider Parteien sogar, dass höhere Preise und ein schnellerer Anstieg denkbar seien. Und beim Klimakonzept der FDP, die eine Integrierung des Verkehrssektors in den europäischen Emissionshandel fordert, würde der CO2-Preis bis dahin wahrscheinlich im dreistelligen Bereich liegen. So ehrlich muss man an dieser Stelle sein.
Sind die Grünen deswegen an ihrer misslichen Lage unbeteiligt? Nicht zwingend, denn wieder einmal machen sie den gleichen Fehler: Sie verkaufen Klimaschutz zu radikal und damit unattraktiv. “Was, Klimaschutz kann gar nicht radikal genug sein?”, würde nun ein Mitglied der Grünen Jugend wütend erwidern. Eine solche Haltung blendet nur aus, dass gesellschaftliche Mehrheiten für jedes Vorhaben immer notwendig sind. Und ja, es stimmt, ein CO2-Preis von 60 Euro ist nicht radikal, im Vergleich zu den möglichen Schäden des Klimawandels ohnehin nicht. Einschränkungen des alltäglichen Lebensstandards bleiben aber, obwohl ein Großteil der Bevölkerung richtigerweise mehr Klimaschutz möchte, unbeliebt.
Steigende Mieten, steigende Lebensmittelpreise und steigende Mobilitätskosten – für einen Großteil der Menschen keine schöne Vorstellung. Solange aber die negative Externalität, die Freisetzung von CO2, nicht eingepreist ist, wird der “echte” Preis unserer Lebensunterhaltungskosten nicht richtig abgebildet, da die negativen Auswirkungen auf künftige Generationen umgewälzt werden. Die Einpreisung der Emissionen ist also eine Notwendigkeit, die Vermarktung der Bepreisung deswegen umso wichtiger.
Was sind mögliche Lösungen? Die Chancen des Klimaschutzes zu betonen, anstatt jede Woche penetrant zu erklären, auf was die Gesellschaft in Zukunft verzichten müsse, würde helfen. Weiterhin braucht es für existentielle Fragen existentielle Antworten, und keine Klein-Klein-Planung der Gesellschaft am Reißbrett. Es wäre auch sinnvoll, den schwedischen Weg zu gehen, und im Zuge steigender CO2-Preise andere unbeliebte Steuern zu senken und/oder durch eine Klima-Dividende die staatlichen Einnahmen an die Bürger zurückzuzahlen. Damit würden auch die temporären Preiserhöhungen durch eine CO2-Bepreisung Rückhalt in der Gesellschaft finden.
Gleichzeitig sollten aber auch die Parteien abseits der Grünen nicht so tun, als wäre Klimaschutz ein Nullsummenspiel. In jedem möglichen Szenario steigen die Preise von emissions-intensiven Produkten zumindest vorübergehend, bis technologischer Fortschritt und Innovation emissionsfreie Abhilfe schaffen. Lasst uns Vorreiter bei dieser “industriellen Revolution” werden und der Welt beweisen, dass wirtschaftliche Prosperität und ökologische Nachhaltigkeit kein Widerspruch sind.
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