„Es ist Zeit, dass in Deutschland wieder Politik gemacht wird“ – der Satz, der vor über 50 Jahren derpolitischen Karriere des Ralf Dahrendorf den Weg ebnete. Weitere Sätze dieser Art sollten folgen; mit Formulierungsfreude und Wortwitz eroberte der Soziologieprofessor aus Konstanz beim traditionellen Dreikönigs-Treffen 1968 die Herzen der Liberalen.
Er forderte ein „Wagnis des Wandels für die offene Gesellschaft“ und richtete sich gegen die Politik der Großen Koalition. Die Grundlage für tiefgreifende Reformen in der Politik wurde so schon einige Jahre vor dem sozialliberalen Regierungswechsel gesetzt. Auf allen Ebenen wurden die verkrusteten Strukturen der Bonner Republik hinterfragt. Er forderte ein „Bürgerrecht auf Bildung“, das Aufstiegschancen ermöglichen sollte. Auch gesellschaftliche Konflikte, „als Garanten der Erneuerung und Motoren des Fortschritts“, sollten als eine produktive Kraft verstanden werden. Es ging in diesem Sinne darum, Deutschland in die Moderne zu führen.
Dies ist gelungen; auch dank der sozialliberalen Reformregierung ist Deutschland heute ein modernes Land. Die Notwendigkeit des Wandels aber, sie ist dringender denn je. Dahrendorfs damalige Feststellung, dass die Große Koalition die „unpolitischste aller Regierungen“ sei, ist heute noch zutreffend. Wann wurde in den letzten Jahren noch Politik gemacht? Oder anders gefragt: Verdient eine Politik, die sich in Form von bloßer Verwaltung äußert, überhaupt noch ihren Namen?
Deutschland muss sich wandeln und die neue Regierung wieder Politik machen. Es geht nicht mehr um den Schritt in die Moderne, nun geht es um den Schritt in das 21. Jahrhundert.
Demographische Probleme müssen gelöst werden, bevor die Baby-Boomer unseren Staatshaushalt erdrosseln. Die lähmende Mischung aus fehlender Digitalisierung und ausartender Bürokratie ist eine untragbare Kombination – der Dschungel aus bürokratischen Vorschriften braucht eine Abholzung und unsere Infrastruktur ein Update. Auch Klimaschutz muss endlich entschlossener angegangen werden, ohne sich dabei im kontraproduktiven Klein-Klein der Ordnungspolitik zu verlieren. Wie sieht es mit Außenpolitik aus? Können wir uns in Zeiten eines heranwachsenden Systemwettbewerbs mit China noch eine Zuschauerposition erlauben?
Wir sehen: Es gibt viel zu tun. Für Deutschland, für die neue Regierung. Es gilt, sich an Dahrendorf zu erinnern, und den Wandel zum Primat der Politik zu machen.
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