Es soll vorkommen, dass einem auf Twitter Dinge in die Timeline gespült werden, die emotionale Reaktionen hervorrufen und in einem das Bedürfnis auslösen, seine eigene – richtige – Meinung kundzutun.
So ging es mir, als ich jüngst über einen Tweet zum Satz des Pythagoras stolperte. Anstatt diesem, solle in der Schule unterrichtet werden, wie man seine Steuererklärung ausfüllt und Fake News erkennt. Ich habe ein Problem mit dieser Sichtweise auf die Schule. Eigentlich mehrere, aber alle haben ihren Ursprung in einer fundamental anderen Auffassung dessen, was Schule sein und leisten soll und kann.
Eine Schule ist ein essentieller Ort für die Sozialisation von Kindern. Wir lernen mit Menschen außerhalb unserer Familie zu interagieren, unter ihnen einen Platz zu finden, mit Autorität umzugehen, Freunde zu finden. Das ist der soziale Aspekt der schulischen Bildung.
Unser Fokus soll aber nun auf den wissensbezogenen Aspekt der schulischen Bildung gerichtet werden. Oft liest man von „überfrachteten“ Lehrplänen, von „unnützen“ Inhalten. Pythagoras, Schiller, Magritte, Liszt – je nachdem in welchem Beruf der Kritiker oder die Kritikerin tätig ist, scheinen drei der genannten mindestens entbehrlich, schlimmstenfalls nehmen sie „wichtigeren“ Inhalten Platz weg.
Wenn man durch das Brennglas der berufsoptimierten Bildung sieht, mag das stimmen. Doch das ist nicht, worin ich den Auftrag der Schule sehe. Sie soll Grundlagen in allen Bereichen vermitteln, auch denen, die nicht alle Schüler in ihrem späteren Leben benötigen werden. Warum? Weil alle Schüler die Chance verdient haben, sich in unterschiedlichsten Bereichen zu versuchen, zu entdecken wo Interessen liegen, die man weiterentwickeln möchte. Das geht nicht, wenn man Axt an die Grundlagen anlegt, egal welches Fach das betrifft.
Man kann diskutieren, ob es eine Restrukturierung von Fächern wie Informatik und eine generell verbesserte wirtschaftliche Bildung geben muss. Aber persönlich sehe ich das Problem schulischer Bildung sehr viel häufiger in pädagogisch genutzter Medienkompetenz und -ausstattung, sowie dem vermittelten Enthusiasmus für das betreffende Fach seitens mancher Lehrkräfte. Die richtige Person am Pult, mit einer guten Ausstattung versehen, kann jedes Fach und alle Inhalte relevant machen und das Bedürfnis wecken, sich selbst weiterzubilden.
Darum: Investiert in Bildung von Lehrkräften und Equipment, bevor ihr zusammenstreicht. Behaltet Pythagoras, analysiert Gedichte, lernt über abstrakte Bilder – die späteren Generationen werden es uns danken.
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserem Newsletter keepitliberal.de – die Woche. Meldet euch für unseren Newsletter an und lest meint! exklusiv schon am Samstag – direkt in eurer Inbox.