Kriegstaube Russland

Die deutsche Außenpolitik muss endlich lernen, dass man Putin nicht allein mit Worten entgegentreten kann.

Seit November letzten Jahres eskaliert Putin die Situation an der ukrainisch-russischen Grenze – wieder einmal. Er verlegt Truppen aus dem ganzen Land – sogar aus dem weitesten Osten – in die Region, während seine Hacker die kritische Infrastruktur der Ukraine lahmlegen. Kurz gesagt: Putin bereitet eine Invasion in der Ukraine vor.

Deutschlands kindlich naive Sicht auf Außenpolitik rächt sich erneut. Olaf Scholz kündigt in Madrid im Falle einer militärischen Invasion politische und wirtschaftliche Konsequenzen für Russland an. Gleichzeitig nimmt die Führungsriege der SPD NordStream 2 als Sanktionsinstrument gegen Russland vom Tisch.1 Unterdessen pocht Deutschland auf Ausnahmen bei den angestrebten Sanktionen gegen russische Großbanken, weil man das russische Gas sonst nicht mehr bezahlen könnte.

Deutsche Außenpolitik zeichnet sich aber nicht nur dadurch aus, sich selbst handlungsunfähig zu machen, sondern man redet auch sehr viel und gerne. Denn nichts ist dem Deutschen lieber als Diskurs. So begrüßt Olaf Scholz in Madrid auch die zahlreichen Gesprächsformate mit Russland. Da wären das unmittelbare Gespräch zwischen den USA und Russland, der NATO-Russland-Rat und die OSZE, über die er sich besonders freut. Ein europäischer Gesprächskreis darf dabei natürlich nicht fehlen: Scholz hofft, das Normandie-Format zu reaktivieren. Trotz des Offensichtlichen: Russland ist nicht an Gesprächen interessiert.

Mit Putin zu reden, ist wie mit Tauben Schach zu spielen. Egal, wie gut du spielst, die Taube wird alle Figuren umwerfen, auf das Brett kacken und herumstolzieren, als hätte sie gewonnen. Nur, dass Putin eben nicht nur die Figuren umwerfen wird. Er wird in die Ukraine einmarschieren und nicht nur so tun, als hätte er gewonnen, sondern er wird gewinnen. 

Dieses Verhalten Putins ist besonders eindrucksvoll am Beispiel des Normandie-Formats zu beobachten. Sieben Jahre lang haben Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine zu Fragen der russischen Aggressionen in der Ukraine verhandelt. Putin hat dabei gemerkt, dass er auf diesem Weg sein Ziel, die Ukraine wieder in einen russischen Satellitenstaat zu verwandeln, nicht erreichen wird. Das letzte Treffen der Regierungschefs in diesem Format fand Ende 2019 statt. Zwei Jahre später steht am Ende der Verhandlungen kein Frieden in der Ukraine, sondern nur weitere russische Aggression.

Die russische Taube ist keine Friedenstaube, sondern eine Kriegstaube. Das sollte spätestens dann klar sein, wenn der russische Vertreter bei der OSZE ebendiese als formlose Struktur ohne internationalen Rechtsstatus bezeichnet und danach noch einmal klarmacht, dass Russland seine Forderungen im Ukraine-Konflikt nicht in der OSZE verhandeln wird.

  1. Erst nach immensem internationalen Druck signalisiert Scholz nun doch zu erwägen, die Inbetriebnahme von NordStream 2 möglicherweise zu stoppen, sollte Russland die Ukraine angreifen.[]

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