Atomkraft, ja bitte!

Die deutsche Energiewende ins Nichts taugt nicht als internationales Vorbild. Wir sollten daher aufhören, uns aus ideologischen Gründen gegenüber Technologien zu verschließen.

Deutschland hat in den vergangenen Jahren viele Diskussionen über die Zukunft seiner Energieversorgung geführt. Während heutzutage die Debatten meistens um die Reduktion des CO2-Ausstoßes kreisen, hatten diese historisch gesehen ein anderes Feindbild: Atomkraft. Gespeist aus dem Geist der 68er, alternativen Ideologien (wobei heutzutage vieles davon als Esoterik oder gar „Schwurbelei“ bezeichnet wird), war die Debatte zu dieser Energieform auch die Geburtshilfe für die Grünen. Deren im 20. Jahrhundert eher monothematischer Auftritt hatte eigentlich nur eines zum Ziel: Deutschland sollte schnellstmöglich aus der Atomkraft aussteigen.

Entsprechende gesellschaftliche und politische Mehrheiten gab es in der ersten Bundesregierung mit grüner Beteiligung unter Gerhard Schröder (SPD). Selbst der danach eingeschlagene Weg, den Atomausstieg unter Schwarz-Gelb zu revidieren, scheiterte an der gesellschaftlichen Debatte nach Fukushima, der sich Angela Merkel nicht stellen wollte. Ihrem üblichen Politikstil – ihre Politik nicht nach ihren eigenen Überzeugungen, sondern lediglich nach gerade populären Meinungen auszurichten – fiel letztendlich die zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung zum Opfer.

Nun muss Deutschland mit den Entscheidungen der Vergangenheit zur Energieversorgung leben. Eine davon ist, zuerst aus der Atomkraft und dann erst aus der Kohleverstromung auszusteigen. Insbesondere da – verständlicherweise – auch ein schneller Kohleausstieg gewünscht ist, hat man gerade im grünen Spektrum (und besonders im FFF-nahen) keine Antworten, wie die Stromversorgung Deutschlands sichergestellt werden soll. Da es mit dem Kohleausstieg nicht schnell genug gehen kann, ergibt sich daraus fast nur eine Scheinlösung: Degrowth und massive Reduktion des Energieverbrauchs, da Deutschland zumindest heutzutage sein Land nicht ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgen kann. Die deutsche Energiewende ist in der Realität eine Energiewende ins Nichts.

Nun kann man darüber diskutieren, ob Atomkraft wirklich langfristig nachhaltig ist. Wo wird der Atommüll langfristig gelagert? Wie ginge man mit den Risiken um, gerade bei alten bestehenden Kraftwerken? Und wie wirtschaftlich ist diese Energieform wirklich, wenn es schwer bis unmöglich ist, Atomkraftwerke am Markt zu versichern? Das sind alles berechtigte Fragen. Fakt ist aber auch, dass es zum heutigen Zeitpunkt unmöglich ist, ein Land lediglich mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Es wird durch den technologischen Fortschritt sicherlich bald möglich sein. Heute heißt aber „Atomkraft, nein danke“ gleichzeitig: „Kohle und Gas, ja bitte!“.

Die Bekämpfung des Klimawandels ist selbst für ein so hochentwickeltes Land wie Deutschland schwer genug. Ja, wir können eventuell 2040 oder 2050 (oder vielleicht schon früher) unser Land völlig selbstständig mit entsprechenden Speichertechnologien rein mit erneuerbaren Energien versorgen. Andere Länder werden das aber nicht schaffen. Gerade diese Länder sind auf Atomkraft – zumindest als Brückentechnologie – angewiesen. Hier könnte die deutsche Energiepolitik ein Vorbild sein. Das Land der hochklassigen Ingenieurskunst könnte die modernsten Technologien zum Bau und Betrieb von Atomkraftwerken in die Welt exportieren. Die aktuelle Energiewende ins Nichts taugt – auch wenn es gerade von den Grünen immer wieder behauptet wird – allerdings nicht als internationales Vorbild. Sie dient eher als abschreckendes Beispiel, wie man selbst als hochentwickeltes Land seine Energiewende in den Sand setzen kann.

Wenn man es mit der Reduktion des CO2-Ausstoßes wirklich ernst meint, kann man sich nicht aus rein ideologischen Gründen gegenüber Technologien verschließen. 2022 wird es für Deutschland schwer, die eigenen Klimaziele zu erreichen, während z.B. Frankreich dies vermutlich schaffen wird. Die nächsten Jahre werden zeigen, welchen Preis Deutschland für die rein ideologische Entscheidung gegen Atomkraft zahlen wird. Und sie werden uns zum negativen Beispiel einer Energiewende für alle anderen Länder auf dieser Welt machen. Und ja, so ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass in Deutschland die Entscheidung gegen Atomkraft revidiert wird. Es würde beim Erreichen der nationalen Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels jedenfalls sehr weiterhelfen.


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