CDU: Back to the future?

Friedrich Merz – der Mann für die “Erneuerung” der CDU?

Seit gestern ist klar: Friedrich Merz wird neuer Vorsitzender der CDU. Überraschend deutlich setzte sich der Sauerländer bereits in der ersten Runde der Mitgliederbefragung mit absoluter Mehrheit gegen seine Mitbewerber Helge Braun und Norbert Röttgen durch.

Gut, eine faustdicke Überraschung ist das nicht. Dass sich die CDU-Basis, anders als die 1.001 Partei-tagsdelegierten und Altkanzlerin (darf man das schon sagen?) Angela Merkel einen konservativeren Kurs wünscht, der sich auch personell in ihrer Führung niederschlägt, hat nicht gerade den allergrößten Nachrichtenwert. Merkels politische Beliebigkeit mag für viele Bürgerinnen und Bürger in den letzten Jahren bequem gewesen sein, dem Fortschritt des Landes, aber auch dem Zustand ihrer Partei hat sie damit aber wenig geholfen.

Und es ist grundsätzlich auch gut, wenn die konservative Kraft, rechts derer es – um es mit Franz Josef Strauß zu sagen – keine demokratisch legitimierte Kraft geben darf (weshalb sie jetzt auch zurecht im Bundestag die Plätze mit den Freien Demokraten tauscht), auch einen kernigen Konservativen an der Spitze hat. Wenn Friedrich Merz beim Wahlkampfauftritt mit den Worten „Jetzt zieh‘ ich mir die Jacke aus!“ die Jacke auszieht und einen Zwischenrufer kleinmacht, macht das durchaus Eindruck. Und vielleicht hat eine Merz-CDU auch Chancen, Wählerinnen und Wähler zurück zu den demokratischen Kräften zu holen, die irgendwo im konservativen Milieu verlorengegangen sind, um sich bei der AfD wiederzufinden. Das wird freilich nicht funktionieren, wenn man jene rechts überholt – das dürfte aber mittlerweile auch Friedrich Merz verstanden haben.

Vielleicht ist es für die Union auch die Chance, nun tatsächlich die „beste Opposition, die Deutschland je hatte“ zu werden. Das alltägliche „Links-Gelb“-Spektakel der Vorturner im Bundestag, Brinkhaus und Dobrindt, macht bisweilen eher den Eindruck, man parodiere sich freitagsabends im Zweiten selbst. Die „inhaltliche“ Kritik an der bisherigen Politik der Ampel kam bisher bestenfalls plump daher: Nachtragshaushalt – nutzt bloß die von der Union selbst erteilten Kreditermächtigungen. Corona-“Instrumentenkasten” – der steht per Länderöffnungsklausel zur Verfügung, die Unions-Ministerpräsidenten scheinen bloß Angst vor ihren Landtagsfraktionen zu haben (was für unsere Bürgerrechte vielleicht nicht ganz so schlimm ist). Spurwechsel bei der Einwanderung – hier wird es fast postfaktisch bis rechtspopulistisch. Und die Sitzordnung – die Ampel reiße Deutschland in den Linksrutsch, aber rechts statt links neben der FDP zu sitzen kommt gar nicht in die Tüte, soso. Vielleicht würde es der Debatte gut tun, wenn Friedrich Merz das besser kann. Von 2000 bis 2002 war er immerhin schon einmal Oppositionsführer – ein Schelm, wer jetzt auf den Gedanken käme, Marx mit Tragödie und Farce zu zitieren.

Und doch fragt man sich, ob ein Friedrich Merz wirklich das sein kann, was die CDU unter „Erneuerung“ versteht. Der Mann, den einst Merkel noch vor ihrer Kanzlerinnenschaft als Fraktionsvorsitzenden absägte. Eigentlich ist seine politische Zeit seit zwanzig Jahren vorbei. Dass er nach seiner Kür (also der zum designierten Parteivorsitzenden 2021, nicht zum Fraktionschef Anfang 2000) hervorhob, die Mitgliederbefragung habe dazu geführt, dass man viele Mitglieder nun per E-Mail erreiche, lässt einen doch einigermaßen kopfschüttelnd zurück. Dabei hätte die Union auch einen Carsten Linnemann gehabt: Mitte 40, MIT-Vorsitzender, klares marktwirtschaftliches Profil, einer aus Merz‘ Clique. Das Erneuerungsvorhaben hätte er glaubwürdiger verkaufen können. Aber vermutlich sollte ich das als Liberaler nicht so schlimm finden. Glückwunsch, Friedrich Merz!


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