Draghi: Ein Glücksfall für Italien?

In der vergangenen Woche wurde Mario Draghi, der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank zum zwölften italienischen Ministerpräsidenten seit 1993 gewählt. Nach Giuseppe Conte ist er der fünfte Technokrat in dieser Rolle.

In der vergangenen Woche wurde Mario Draghi, der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank zum zwölften italienischen Ministerpräsidenten seit 1993 gewählt. Nach Giuseppe Conte ist er der fünfte Technokrat in dieser Rolle. Gewählt wurde Draghi mit einer überzeugenden Mehrheit sowohl im Senat (535 zu 56) als auch im Repräsentantenhaus (262 zu 40). Damit endet die italienische Regierungskrise, die inmitten der Corona-Pandemie durch das Zerbrechen der Vorgängerregierung Contes eingeleitet wurde und Italien seit Wochen lähmt. Draghis neu-geformte Regierung ist bereits die dritte in der laufenden Legislaturperiode. 

Auch das neue Bündnis verspricht Spannungen. So ist in Draghis Allianz eine breite Front diverser Parteien von links bis rechts vertreten: Die rechtspopulistische Lega unter Matteo Salvini ebenso wie Berlusconis Forza Italia und die Sozialdemokraten. Die Fünf-Sterne- Bewegung, die Linken und Matteo Renzis Italia Viva sind auch mit an Bord. Die breite Zustimmung für die restlichen zwei Jahre hochzuhalten wird zu einer Mammutaufgabe für den 73-Jährigen.

Dabei könnte dieser zu einem echten Glücksfall für das durch Corona und eine ohnehin schwächelnde Wirtschaft gebeutelte Italien werden. Die präsentierte Reformagenda peilt hohe Ziele an. Neben einer schnelleren Impfkampagne soll die lähmende Verwaltung entbürokratisiert, das Steuersystem vereinfacht und das Justizsystem erneuert werden. Italien soll innovativer, zukunftsfähig und wirtschaftlich attraktiver werden. Auch das Gesundheitssystem und den Tourismus erwarten Erneuerungen, so Draghi.

Die 210 Milliarden, die Italien aus dem Wiederaufbauplan der Europäischen Union erhält und an deren Verteilung die Vorgängerregierung zerbrach, sollen für Zukunftsinvestitionen genutzt werden. Breitbandausbau, Klimaschutz und moderne Infrastruktur. Die Gelder sollen, wie von der EU gefordert, gut genutzt werden. Draghi setzt in der Bewältigung all dieser Aufgaben, auch in der Regierung, auf Technokraten. So sind zentrale Ministerposten wie Justiz-, Wirtschafts- und Finanz-, aber auch das neue Umweltministerium mit Experten besetzt. Die ehemalige Präsidentin des Verfassungsgerichts, der ehemalige Leiter des Technologie-Instituts in Genua und der Generaldirektor der italienischen Zentralbank besetzen wichtige Ämter.

Die Zukunft Italiens wird also wortwörtlich zur Chefsache. Anstatt “whatever it takes” beschwor Draghi “die Liebe zu Italien”, um das Land hinter seiner Agenda zu vereinen. Ob er wieder erfolgreich sein wird, muss sich zeigen. Die Zeichen stehen gut, Italien und der Europäischen Union kann man es nur wünschen.


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