Die halbe Welt blickt gespannt in die Ukraine. Wladimir Putin hat über 100.000 Soldaten, schweres Gerät und unlängst sogar Blutkonserven entlang der gemeinsamen Grenze zwischen Russland und der Ukraine zusammengezogen. In Sorge, der Kreml könne tatsächlich angreifen, versorgt der Westen die Ukraine mit Material. Die NATO verstärkt ihre Präsenz zur Stärkung der EU-Ostgrenze durch weitere Jets und Schiffe.
Doch plant Wladimir Putin tatsächlich einen Angriffskrieg? Hat er sich gar schon dazu entschlossen? Oder will der Kreml-Chef durch sein militärisches Gebaren primär seine Verhandlungsposition gegenüber dem Westen stärken? Die Antwort darauf kennt er nur selbst. Sicher ist allerdings, dass ein Angriff auf die Ukraine auch für Putin mit empfindlichen wirtschaftlichen Konsequenzen behaftet wäre.
Russland, so mächtig das Land in Größe und Außenwirkung oft dasteht, hat eine verhältnismäßig schwache Wirtschaft. Es liegt im weltweiten Vergleich nur auf Platz 11 der wirtschaftsstärksten Länder, hinter Korea, Italien und Kanada. Sollten russische Soldaten die Ukraine angreifen, könnte Russland aus dem SWIFT-System zum internationalen Geldtransfer zwischen Banken ausgeschlossen werden. Die Folgen für Russlands Wirtschaft wären immens, denn Profite aus Export von Gas und Öl, die 40% der russischen Wirtschaft ausmachen, könnten nicht mehr realisiert werden. Weiter muss der Kreml damit rechnen, von den USA mit Exportkontrollen belegt zu werden. Solchen Exportkontrollen unterliegen bereits Länder wie der Iran und Nordkorea. Der Export gewisser, meist hochtechnologischer Produkte aus den USA nach Russland würde damit unterbunden. Die Folgen für die russische Wirtschaft wären enorm. Alle russischen Unternehmen mit technologischer Ausrichtung wären betroffen. Sowohl die USA als auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock halten zudem das Prestigeprojekt NordStream 2 für ein potenzielles Ziel westlicher Sanktionen. Nicht zuletzt könnten sich personenbezogene Sanktionen gegen die großen Oligarchen und Funktionäre des Landes richten. Ein potenzieller Angriff auf die Ukraine würde auch Verletzte und Tote auf russischer Seite zur Folge haben, was in der russischen Gesellschaft sicherlich keine Begeisterung auslösen würde. Durch westliche Sanktionen verärgerte Oligarchen gepaart mit Missgunst in der eigenen Gesellschaft würden eine Konstellation darstellen, die auch dem mächtigsten Mann Russlands nicht egal sein kann. Kürzlich betonte Joe Biden weiterhin, dass es sich durchaus auch vorstellen kann, Putin selbst mit Sanktionen zu belegen.
Man erkennt, dass der wirtschaftliche Hebel gegen Russland groß ist. Ein Angriff auf die Ukraine würde die russische Wirtschaft empfindlich schwächen. Ob die Ziele des Kremls all diese Sanktionen wert sind, weiß schlussendlich nur Wladimir Putin selbst. Und damit weiß niemand anderes als er, ob es zu einem Krieg um die Ukraine kommen wird oder nicht.
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