Bei der Frage, wie man den Klimawandel stoppen oder begrenzen kann, liegt es vielen Linken nicht fern, den Kapitalismus an sich für den Klimawandel verantwortlich zu machen – und natürlich seine Abschaffung zu fordern. Dabei sollte die Schlussfolgerung eigentlich eine ganz andere sein, denn in auf der zunehmend globalisierten Welt sind Strukturen entstanden, die längst nicht mehr wegzudenken sind. Insbesondere internationale Organisationen, die im 20. Jahrhundert eine beeindruckende Bilanz im Schaffen von weltweitem Wohlstand durch mehr Freihandel, der Wahrung des Friedens, sowie der Verbreitung der Werte und Ideen der liberalen Demokratie vorzuweisen haben.
Das Narrativ, dass seit Jahrzehnten nicht wirklich etwas gegen den Klimawandel unternommen wurde, erweist sich bei genauer Betrachtung als falsch. Das Problem liegt eher in der Wahl der falschen Mittel – nicht am grundsätzlich fehlenden Willen oder einem Ausblenden der für die Zukunft gefährlichen Thematik. Ob durch populistische Bewegungen wie Fridays for Future wirklich ein konstruktiver Schritt zur Beschränkung der Erderwärmung ausgehen kann, ist sehr fraglich. Meiner Ansicht nach ist sogar das Gegenteil der Fall – die Kommunikation von Fridays for Future (und befreundeter Linksextremisten und Verfassungsfeinde wie Ende Gelände oder Extinction Rebellion) führt nicht zum Schaffen einer breiten Koalition in der Gesellschaft, um zielgerichtete Maßnahmen für mehr Klimaschutz zu ermöglichen. Die Gesellschaft wird durch radikale (und oft uninformierte) politische Ideen, oft gepaart mit einer Verehrung eines absolut freiheitsfeindlichen Sozialismus-Revivals eher gespalten. Oft gilt: Wer Fridays for Future inhaltlich widerspricht und andere Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels anbietet, ist aus Sicht der selbsternannten Klimaschützern „Klimaleugner“ oder „rechts“.
Ebenfalls seltsam mutet der ausschließlich nationale Fokus dieser Bewegungen, aber auch der Grünen an. Oftmals glaubt man hier noch an das Märchen, dass Deutschland eine Vorbildwirkung für die Welt in Sachen Klimaschutz haben würde. Das Gegenteil ist der Fall. Kein Land dieser Erde wird sich unsere Energiewende als Vorbild nehmen. Kein Land würde in unserer Situation zuerst aus der Atomkraft und dann erst aus der Kohle aussteigen. Und fast kein Land – abseits von etwa ein bis zwei Dutzend anderer hochentwickelter Industriestaaten – startet von einer derart komfortablen Situation von für die Einwohner Chinas oder Indiens zumindest völlig ungeahntem Wohlstand. Nein, Deutschland wird für diese Länder kein Vorbild sein können. Bestenfalls wird Deutschland ein Exporteur von klimafreundlichen Technologien sein können, aber dafür müssen die Unternehmer von morgen endlich eine politische Entfesselung der Wirtschaft erfahren. Zu oft werden klimafreundlichen Innovationen Steine in den Weg gelegt – das Tesla-Werk von Elon Musk ist hier nur ein Beispiel von vielen. Wenn wir den Klimawandel wirksam bekämpfen möchten, brauchen wir echten Unternehmergeist – nur dann können wir als Exportweltmeister auch klimafreundliche Technologien zum Exportschlager der deutschen Wirtschaft machen.
Eine CO2-neutrale Lebensweise darf kein Zukunftsprojekt sein, es muss eine Aufgabe für die Gegenwart sein, den Weg dorthin zu beschreiten. Wir Mitteleuropäer sind vergleichsweise in einer relativ komfortablen Lage: Unsere Volkswirtschaften konnten auf dem Weg zu breitem Wohlstand massiv CO2 ausstoßen – etwas, was für Länder wie China und Indien so nicht möglich sein wird, wenn wir das Klima retten wollen. Zudem werden Länder wie Saudi-Arabien nicht freiwillig auf die im Boden verborgenen Ressourcen in Form fossiler Brennstoffe verzichten. Hier haben die entsprechenden Länder – ohne weiteren Einfluss von außen – quasi zwei Möglichkeiten: die fossilen Brennstoffe jetzt verbilligt verkaufen oder darauf spekulieren, dass sie irgendwann teurer werden und durch sie mehr Umsatz auf dem Markt generiert werden kann. Das Öl im Boden der Golfstaaten ist quasi das am dicksten gefüllte CO2-intensive Festgeldkonto der Welt. Diesen Ländern muss man Angebote machen, die besser als beide Optionen für sie sind – man muss es ihnen schmackhaft machen, das Öl im Boden zu lassen. Eine alles andere als einfache Aufgabe, aber im vereinten internationalen Verbund sicherlich lösbar. Dennoch sind solche Gegebenheiten ein weiterer klarer Beweis, dass die Frage, ob wir den Klimawandel bekämpfen können, nicht in Deutschland entschieden wird. Die Entscheidung fällt auf der weltweiten Bühne und sie fällt primär zwischen anderen Ländern als den Mitgliedern der EU.
Internationale Verträge haben sich bisher nicht als sehr zielführend in der Bekämpfung des Klimawandels erwiesen, da insbesondere hinter den Absichtserklärungen kein bindender Vertrag und somit kein echtes Commitment steht. Können also auf internationaler Ebene gar keine wirksamen Verträge zum Schutz des Klimas beschlossen werden? Eine aussichtslose Situation, wo, wie von radikal linken Klimaschützern wie FFF oder Extinction Rebellion oft behauptet, die Profitinteressen den Planeten unbewohnbar machen? Nein, sicherlich nicht. Stattdessen ist es eine gute Ausgangssituation für eine internationale Lösung: einen globalen Klimaclub. Was kann man sich darunter vorstellen? Letztendlich wird es sich hier um einen Zusammenschluss von Staaten handeln, die einander Vorteile gewähren, solange die Mitglieder dieses Clubs festgelegte Regeln zur Bekämpfung des Klimawandels einhalten. Diese Regeln können für die Länder auf der Nachfrageseite fossiler Brennstoffe aus einer Obergrenze für den landesweiten CO2-Ausstoß bestehen. Für Länder mit beispielsweise großen Ölreserven kann es sich um Belohnungen dafür handeln, diese CO2-Sünder im Boden zu lassen. Hier – auf der Angebotseite – ist ganz besondere Kreativität gefragt, die nochmals deutlich schwieriger zu gestaltet ist als auf der Nachfrageseite von CO2-intensiven Produkten.
Nun fragt sich natürlich, worin könnten die Belohnungen für die Mitglieder bestehen? Das wird eine der spannendsten Fragen der nächsten Jahre sein und die zuletzt geführten Gespräche zwischen den USA und China zu diesem Thema zeigen, dass Verhandlungen über derartige globale Vereinbarungen uns in den nächsten Jahren fast sicher bevorstehen. Eine zentrale Belohnung wäre, den Klimaclub zu einer weltweiten Freihandelszone auszubauen – also die Frage der Bekämpfung des Klimawandels mit dem Schaffen von mehr globalem Wohlstand und Wirtschaftswachstum zu verbinden. Dies ist auch eine sehr logische Paarung, sind doch die Sorgen von weniger entwickelten Volkswirtschaften primär darin begründet, wie sie wirtschaftlich aufsteigen und gleichzeitig ihren CO2-Ausstoß begrenzen können. Für Nicht-Mitglieder eines Klimaclubs könnte man hingegen Strafzölle auf Produkte erheben – ein sehr wirksamer negativer Anreiz, wie die aktuellen „Handelskriege“ zeigen.
Die Macht des Freihandels wird gemeinhin immer noch unterschätzt – insbesondere von Linken, die immer noch nicht verstanden haben, dass eine Volkswirtschaft kein Nullsummenspiel ist. Natürlich kann eine Volkswirtschaft auch intern wachsen und sich anhand des technologischen Fortschritts weiterentwickeln. Der richtige Katalysator einer florierenden Wirtschaft ist aber der internationale Handel und die Globalisierung des 20. Jahrhunderts eine der größten Errungenschaften des Kapitalismus. Diese Globalisierung und die dadurch resultierende weltweite Arbeitsteilung sollte im 21. Jahrhundert weiter voranschreiten. Ein echter Freihandel zwischen möglichst vielen Ländern würde ungeahnte Wachstums- und Wohlstandskräfte auf der ganzen Welt freisetzen. Der Freihandel ist also eine große Belohnung für jedes daran teilnehmende Land. Daher auch seine Attraktivität, um als Bedingung für die Teilnahme Klimaschutzmaßnahmen festzulegen. Eine CO2-Besteuerung wäre das Ticket in den Club des Freihandels – idealerweise würde in diesem Klimaclub sogar ein länderübergreifender Emissionshandel errichtet werden. Letzteres wäre die ultimative weltweite Arbeitsteilung auf dem Weg zum Schutz des Klimas und sicherlich ein riesiger Schritt in die richtige Richtung, ummithilfe der Kraft des technologischen Fortschritts und des Kapitalismus das Wirtschaftswachstum vollständig von CO2-Ausstoß eines Landes zu entkoppeln.
Am Ende steht natürlich auch die Frage der Gerechtigkeit und für die hoch entwickelten Länder wird ein Blick in den Spiegel bevorstehen: Diese Länder hatten historisch gesehen bisher den höchsten CO2-Ausstoß, also müssen sie auch ganz besonders Ländern zu wirtschaftlichem Wohlstand verhelfen, die sich nun mehr einschränken müssen. Letztendlich ist ein solches Bündnis aber für alle hilfreich. Es ist eine Chance, die liberalen Werte der Aufklärung und die demokratische Idee in der Welt zu verbreiten. Es ist eine Chance, mithilfe eines stärkeren Freihandels noch mehr Menschen auf der Welt aus der Armut und in den Wohlstand zu holen. Es ist eine Chance, durch die stärkere internationalen Beziehung das Gift des Nationalismus und Protektionismus zu bekämpfen. Und ganz besonders: Es ist unsere beste Chance, das Klima zu retten und den durch den Klimawandel entstehenden Temperaturanstieg so gering wie möglich zu halten.
Denn es ist wichtig, dass wir in diesem Jahrzehnt und möglichst in den nächsten Jahren eine wirksame Lösung für die Bekämpfung des Klimawandels finden. Die Zeit der vagen Absichtserklärungen muss vorbei sein. Genauso ist aber auch die Spaltung der Gesellschaft mit purem linkem Populismus und das Aufkochen von abgestandenen Sozialismus-Ideen ein absoluter Irrweg – insbesondere wenn demokratische Kräfte aus dem grünen und dem linken Lager eine Bindung zu linksextremen Verfassungsfeinden suchen. All das tut nichts für den Klimaschutz und wird uns am Ende nur wertvolle Zeit kosten, die notwendigen Innovationen voranzutreiben und den Unternehmergeist von morgen zu fördern.
Der Klimawandel braucht eine internationale Lösung und er braucht vor allem eine rasche Umsetzung der Lösung, die seit Jahren auf dem Tisch liegt und bereits mit einem Nobelpreis gewürdigt wurde. Ein Klimaclub wird die Grundlage der Begrenzung der Erderwärmung stellen. Er muss besser heute als morgen zur politischen Realität werden.