Alle Wege führen nach Moskau

Die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich, Matteo Salvinis “Lega” in Italien und Marine le Pens “Rassemblement National” in Frankreich. Vier rechtspopulistische Parteien, die im Europäischen Parlament der Fraktion “Identität und Demokratie” angehören. Vier rechtspopulistische Parteien, die durch EU- feindlichen Populismus auffallen und die allesamt eine gemeinsame Beziehung teilen: eine mysteriöse Verbindung nach Moskau.

“It is very important that in this historical geopolitical period that Europe is changing. […] We want to change Europe. A new Europe has to be close to Russia as before because we want to have our sovereignty.”1 Die Aussagen des Salvini-Vertrauten und Lega-Mitglieds Gianluca Savoini, die während eines Gespräches mit drei russischen Politikern in einem Metropol-Hotel in Moskau getätigt wurden2, sind eindeutig. Unter der Führung Salvinis (“the first man that wants to change all Europe”) hat sich in Europa eine Vereinigung der rechtspopulistischen und prorussischen Parteien zusammengeschlossen, um die liberalen Werte der Europäischen Union zu unterwandern und dabei die Unterstützung Putins suchen.

Die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich, Matteo Salvinis “Lega” in Italien und Marine le Pens “Rassemblement National” in Frankreich. Vier rechtspopulistische Parteien, die im Europäischen Parlament der Fraktion “Identität und Demokratie” angehören. Vier rechtspopulistische Parteien, die durch EU-feindlichen Populismus auffallen und die allesamt eine gemeinsame Beziehung teilen: eine mysteriöse Verbindung nach Moskau. Wobei es insofern nicht mysteriös ist, als dass es perfekt in die Strategie Russlands passt, die EU Schritt für Schritt zu spalten. Die entsprechenden Beispiele sind zahlreich und bekannt, und doch zu selten öffentlichkeitswirksam. Im Folgenden möchte ich deshalb eine Reihe an Beispielen anführen, um sie zu einem Bild zu vereinen.
 
Für das erste Beispiel möchte ich noch einmal auf das Gespräch des ersten Absatzes zurückkommen. Das Brisante an diesem Dialog war nämlich nicht der bereits zitierte Satz, sondern ein äußerst dubioser Erdöl-Deal. Savoini verhandelte mit zwei weiteren italienischen und drei russischen Politikern über einen 1,5 Milliarden US-Dollar schweren Öl-Verkauf an das italienische Unternehmen Eni. Eingeplant war zudem, dass durch Rabatte 65 Millionen Dollar übrig bleiben sollten, die danach in die Finanzierung des europäischen Wahlkampfes der Lega hätten fließen sollen. Bereits vor den geleakten Tonaufnahmen des Medienunternehmens Buzzfeed hatte die italienische Zeitschrift L’Espresso im Februar 2018 über mögliche Lega-Parteispenden aus Russland berichtet.3
 
Matteo Salvini war zwar bei diesem Gespräch nicht persönlich anwesend, hielt sich allerdings zeitgleich in Moskau auf. Am vorherigen Tag hatte er in einer Rede, die Sanktionspolitik der westlichen Gemeinde gegen Russland stark kritisiert.4 Und auch wenn Salvini schon wenige Stunden nach der Bekanntgabe des Artikels mögliche Geldtransfers aus Moskau dementierte, blieben viele Fragen offen. Savoini bezeichnete die Anschuldigungen im Nachhinein als “Lügen und Gaunerei”.

Auch Marine Le Pens “Rassemblement National” fiel in der Vergangenheit bereits durch einen ähnlichen Skandal auf. So wurde im November 2014 bekannt, dass sich ihre Partei einen Kredit in Höhe von 9 Millionen bei der russischen Bank “Cezch Russian Bank” beschafft hatte. Insgesamt waren sogar 40 Millionen Euro im Gespräch, wie das Nachrichtenmagazin “Mediapart” berichtete.5 Die Partei begründete dies damit, dass sie bei französischen Banken keine Kredite mehr bekäme. Gerade Le Pen fiel in der Vergangenheit immer wieder durch prorussische Positionen auf. Die Krim-Annexion sei für sie nicht illegal gewesen und die außenpolitische Annäherung an Russland ein zentrales Anliegen. Ein weiteres Beispiel ist die Einladung an Andrew Isajews, den damaligen Vize-Sprecher der Duma, zum Parteitag 2014. Bereits zuvor hatten Le Pen und weitere Politiker der Vorgängerpartei “Front National” mehrmals Moskau besucht.6 Auch im europäischen Parlament ist die Beziehung zu Russland der Rassemblement National auffällig, so fand eine Studie des “Political Capital” heraus, dass ihr Abstimmungsverhalten klar pro-russisch sei.7

Eine prorussische Haltung ist Konsens in der europäischen Fraktion “Identität und Demokratie”, der unter anderem auch die FPÖ angehört. Auch die FPÖ teilt, nicht erst seit der Ibiza-Affäre, eine innige Beziehung zum Kreml. Schon seit 2005 pflegte der mittlerweile ausgetretene Parteichef Strache eine sehr gute Beziehung zu russischen Politikern. So plädierte er 2007 dafür, “den russischen Präsident mit dem gleichen Respekt zu behandeln wie Präsident Bush”.8 Im Jahr 2009 brachte Strache einen EU-Beitritt Russlands ins Spiel und auch während der Krimkrise verteidigte die FPÖ Russland. Ebenfalls erwähnenswert ist ein Koalitionsvertrag zwischen der russischen Partei “Einiges Russland” und der österreichischen FPÖ im Jahr 2016. Dieser wurde damals unter anderem von dem Bundesparteiobmann und damaligen Infrastrukturminister Norbert Hofer unterzeichnet. Dazu kommt ein Hochzeitsbesuch Wladimir Putins bei der Hochzeit der damaligen Außenministern Karin Kneissl, im Sommer 2018.9 Dass sich die FPÖ für das Ende der Russland-Sanktionen und den Nord Stream-2-Bau einsetzt, kann deswegen keine Überraschung mehr sein.

Durch irritierende Statements im Bezug auf Russland fällt auch immer wieder die AfD auf, so zum Beispiel Markus Frohnmaier, der ehemalige Chef der Jungen Alternative, den die “geistige Mobilisierung gegen Russland” in Deutschland störe und “gegen die er angehen möchte”. Ähnlich wie die FPÖ plante auch Frohnmaier ein Jugendkooperationsabkommen mit der Kreml-Partei “Einiges Russland”.10 Ins Visier geriet Frohnmaier allerdings, als sein Name, Recherchen von Spiegel, BBC, ZDF und der italienischen “La Repubblica” zufolge, in einem russischen Strategiepapier auftauchte. In diesem wurde vorgeschlagen, dass Frohnmaier bei seiner Bundestagskandidatur unterstützt werden sollte, da seine Erfolgsaussichten vielversprechend wären. Frohnmaier wird in dem Papier als ein “unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter im Bundestag” zitiert.11

Ein weiteres Beispiel ist der Berliner Landtagsabgeordnete Gunnar Lindemann, der 2018 dreimal in das, von prorussischen Truppen besetzte, ukrainische Gebiet Donbass reiste. In der nicht-anerkannten “Volksrepublik Donezk” fungierte Lindemann als Wahlbeobachter und im April 2018 besuchte er mit sieben weiteren Abgeordneten das “Jalta-Wirtschaftsforum” auf der Krim. Auch Fraktionschef Gauland fiel im Jahr 2015 durch eine seiner Reisen auf, als er zusammen mit Frohnmaier einen Vertrauten Putins, den Faschisten Alexander Dugin traf. Der als Schlüsselfigur der anti-westlichen Community und als Vordenker der “neoeurasischen Idee” gilt.12 Schon im Jahr 2013 forderte Alexander Gauland, dass “Deutschland wieder an preußische Tradition des 19. Jahrhunderts anknüpfen müsse, als Russland und Preußen enge Partner waren.”13

Nach Recherchen der GMF haben Russland (90%) und China (10%) in den letzten 10 Jahren über 300 Millionen Euro ausgegeben, um sich in politische Prozesse im Ausland einzumischen. Seit 2014 ist die Zahl der Einmischungen stark angestiegen und liegt mittlerweile bei 15 bis 30 aufgedeckten “Attacken” pro Jahr. Egal ob durch Geschenke in Form von Sachleistungen, Spenden durch dubiose Organisationen und Privatpersonen oder finanzierte Social-Media-Propaganda14, Russland mischt sich bewusst und immer stärker in europäische Demokratien ein. Nicht nur in Europa, auch in den USA wird seit der Wahl 2016 vermutet, dass sich Russland durch gezielte Fake-News-Kampagnen in den Wahlkampf einmischt und versucht diesen zu manipulieren.
 

Neben den bereits Genannten, gibt es viele weitere Beispiele für die systematische Einmischung Russlands. Das Ziel ist klar: die europäische und mittlerweile auch die westliche Gemeinschaft zu spalten. Marine le Pen, Matteo Salvini, die AfD oder die FPÖ, sie alle wollen die EU spalten, was natürlich im Interesse Putins liegt. Auch der Brexit oder die Wahl Donald Trumps haben die westliche Gemeinschaft gespalten und wurden deshalb von russischer Seite aktiv unterstützt. Es muss jedem bewusst werden, dass sich die russische Agenda gegen unsere demokratischen Werte richtet und man dies, auch im Bezug auf Entscheidungen wie Nord Stream 2, im Hinterkopf behalten sollte. Mit dem eingenommenen Öl-Geld werden nicht nur Oppositionelle umgebracht, sondern auch rechtsextreme Parteien finanziert und unterstützt. Es spricht Bände, dass die Linkspartei dennoch mit Russland kuschelt und die mecklenburg-vorpommersche Ministerpräsidentin Manuela Schwesig beharrlich an Nord Stream 2 festhält. Echter Antifaschismus sieht anders aus.

  1. https://www.buzzfeednews.com/article/buzzfeednews/transcript-lega-russia-oil-deal-meeting[]
  2. https://www.buzzfeednews.com/article/albertonardelli/salvini-russia-oil-deal-secret-recordin[]
  3. https://espresso.repubblica.it/attualita/2019/02/28/news/3-million-for-salvini-1.332104[]
  4. https://www.sueddeutsche.de/politik/italien-lega-salvini-russland-1.4519503[]
  5. https://www.tagesspiegel.de/politik/frankreich-front-national-40-millionen-kredit-von-russischer-bank/11042936.html[]
  6. https://www.sueddeutsche.de/politik/russland-und-der-front-national-analyse-le-pens-draht-nach-moskau-1.3387671[]
  7. https://www.politicalcapital.hu/wp-content/uploads/PC_Study_Russian_Influence_France_ENG.pdf[]
  8. https://www.sueddeutsche.de/politik/fpoe-russland-strache-gudenus-putin-1.4452906[]
  9. https://www.diepresse.com/5630263/fpo-die-beziehungen-zu-russland-sind-innig[]
  10. https://www.dw.com/de/f%C3%BCr-die-afd-ist-russland-ein-gewinnerthema/a-48803982[]
  11. https://www.welt.de/politik/article191386299/AFD-Politiker-Frohnmaier-laut-Russen-unter-absoluter-Kontrolle.html[]
  12. https://taz.de/Russland-und-die-AfD/!5579084/[]
  13. https://www.focus.de/politik/ausland/fuer-die-afd-ist-russland-ein-gewinnerthema_id_10735935.html[]
  14. https://securingdemocracy.gmfus.org/covert-foreign-money/[]

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