Visionen eines liberalen Baurechts #3: Kleine Häuser und große Träume

Die Mieten in Deutschlands Großstädten steigen genauso wie die Immobilienpreise immer weiter. Viele Menschen suchen Wohnraum in der City – der ist aber knapp. Daran schuld sind nicht Miethaie oder Spekulanten, sondern konservative Bauplanwirtschaft. Teil 3 einer Serie von Visionen, was ein liberales Baurecht verändern könnte.

Der Traum vom Eigenheim geht für viele Menschen nie in Erfüllung. In anderen Ländern mit deutlich niedrigerem Durchschnittseinkommen ist Wohneigentum dagegen völlig normal. Die wahrscheinlich günstigste Form des Eigenheims ist das Tiny House – eine interessante Wohnform, die in Deutschland auch aufgrund staatlicher Regulierung bis jetzt nicht stark verbreitet ist.

Klein, aber oho

Andere, neue Wohnformen sind im Kommen. In Zukunft werden in Städten pro Person noch weniger Quadratmeter als bisher zur Verfügung stehen – perfekte Platzausnutzung ist gefragt. Nichts verbindet diese Faktoren besser als Tiny Houses. Das Tiny House Movement hat in den USA zahlreiche Anhänger, aber auch in Deutschland erfreuen sich die oft mobilen Mini-Häuser zunehmender Beliebtheit. Man muss kein Peter-Lustig-Nostalgiker sein, um sich davon faszinieren zu lassen.

Nun ist es jedoch so, dass dauerhaft zu Wohnzwecken genutzte Tiny Houses in Deutschland einer Baugenehmigung bedürfen, sofern sie nicht auf Campingplätzen stehen – dort wiederum ist das dauerhafte Wohnen oftmals verboten. Für ein Tiny House, gerade auf einem Anhänger, in der Stadt einen geeigneten Platz zu finden, gestaltet sich regelmäßig äußerst schwierig und ist oft auch gar nicht erwünscht. Im Außenbereich sind Tiny Houses, genauso wie andere Häuser, üblicherweise verboten – was bleibt, ist der Stadtrand. Hier wird es wiederum schwierig, eine Baugenehmigung zu erhalten – beispielsweise fügen sich Tiny Houses selten in die Umgebung ein (sofern die nicht gerade aus anderen Tiny Houses besteht).

Dabei sollten Tiny Houses eigentlich sogar politisch erwünscht sein: Sie nutzen Platz so effizient wie kaum eine andere Wohnform, sind leicht zu versetzen und im Verhältnis zu normalen Häusern günstig. Und vor allem ermöglichen sie Freiheit. Natürlich ist es eine Art der Freiheit und des Wohnens, die man mögen muss. Aber sein Haus mitnehmen zu können, wenn man umzieht, zeugt von einem ausgesprochen hohen Grad an individueller Entfaltungsmöglichkeit – und sollte selbstverständlich erlaubt sein.

Eigentümer statt ewig Mieter

51,1 Prozent der Einwohner Deutschlands waren 2019 Eigentümer einer Wohnung oder eines Eigenheims. Gut die Hälfte. Klingt gut, möchte man meinen. Ist es aber nicht. Im europäischen Vergleich liegt bloß die Schweiz hinter der Bundesrepublik. Die Spitzenpläne gehen an Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Litauen mit jeweils über 90 Prozent Wohneigentumsquote.1 Alles Länder, die keine volkswirtschaftlichen Big Player sind und in denen Armut ein verbreitetes Problem ist. Ein Grund gegen Wohneigentum? Mitnichten.

Wohneigentum ist eine gute Basis für die private Altersvorsorge. Wem ein Eigenheim oder eine Wohnung gehört, die im besten Fall zum Renteneintritt abbezahlt ist, der spart sich im Alter enorme Wohnkosten. Altersarmut ist in Deutschland kein kleines Problem, sondern omnipräsent. 18,2 Prozent der über 65-Jährigen in Deutschland galten im Jahr 2018 als armutsgefährdet, hatten also weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung zur Verfügung. Steigende Mieten befeuern diesen Effekt. Wie wäre es also, wenn das Altwerden in den (wirklich) eigenen vier Wänden zum Normalzustand würde?

Leider wird die Eigentumsbildung in Deutschland eher sabotiert als gefördert. Planwirtschaftliche Anmutungen wie das innerhalb der Großen Koalition heftig umstrittene Umwandlungsverbot machen Immobilien teurer. In Hamburg verbieten die Grünen gleich den Neubau von Einfamilienhäusern. Die Nebenkosten, besonders die Grunderwerbsteuer, belasten werdende Eigentümer massiv und halten Kaufwillige sogar ab.

Die Grunderwerbsteuer sorgt jedoch nicht nur für teurere Immobilien- und dadurch auch Mietpreise. Folgeeffekt ist zudem eine geringere Mobilität. Der Verkauf einer Immobilie lohnt sich bis zu einer gewissen Haltedauer oft kaum – denn es fällt wieder Grunderwerbsteuer beim Kauf der nächsten Immobilie an – je öfter man umzieht, desto höher die Steuerlast. Das führt wiederum zu Fehlallokationen: Menschen leben in zu kleinen oder zu großen Häusern und Wohnungen. Nicht zuletzt fehlt hierdurch auch oft das Geld für Modernisierungen und Erhaltungskosten.

Zudem wohnt der Grunderwerbsteuer in ihrer derzeitigen Ausgestaltung eine unglaubliche Ungerechtigkeit inne. Sie besteuert das Eigenheim der jungen Familie, den Altersruhesitz des vorruhestandlichen Ehepaares oder die Citywohnung des Singles. Bei Immobilien ab einem Wert von mehreren Millionen Euro lohnt es sich jedoch, sie mit einer einfachen Gestaltung zu umgehen. Das Stichwort: Share Deal. Dabei wird nicht die Immobilie selbst verkauft, sondern sie wird in eine Gesellschaft eingebracht. Anteile an dieser Gesellschaft werden dann verkauft – solange es sich um weniger als 95 Prozent der Anteile handelt, fällt keine Grunderwerbsteuer an. Nach weiteren fünf Jahren kann der restliche Gesellschaftsanteil veräußert werden. Faktisch kommt es so zu völlig steuerfreien Immobilienverkäufen bei teuren Immobilien – während Wohneigentum spürbar besteuert wird.

An diesen Steuergestaltungen ist natürlich nichts verwerflich – wer Steuerschlupflöcher (beziehungsweise hier eher eine offene Tür) findet, sollte sie selbstverständlich nutzen. Und beispielsweise im aktuell vieldiskutierten Fall der Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia liegen sie sogar in der Natur der Sache – den Kauf von Anteilen an einer Aktiengesellschaft mitsamt Arbeitsverhältnissen und diversen sonstigen Vertragsbeziehungen sowie der Übernahme (weiteren) unternehmerischen Risikos der Grunderwerbsteuer unterwerfen zu wollen, wie es zuletzt etwa die grüne Finanzpolitikerin Lisa Paus forderte, ist mehr als absurd.

Machen wir doch Deutschland einfach zu einer Steueroase für Eigentumswillige. Schaffen wir die Grunderwerbsteuer ab. Öffnen wir mehr Menschen die Möglichkeit, sich mit Wohneigentum gegen Risiken wie Altersarmut abzusichern. Der Erwerb von Wohneigentum muss ein erstrebenswertes, leicht zu erreichendes, und gerade kein staatlich geächtetes Ziel sein.


  1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/155734/umfrage/wohneigentumsquoten-in-europa/.[]

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