Die 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages nähert sich ihrem Ende und damit sind wir am richtigen Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen, wie es um die Freiheit und vor allem die Bürgerrechte in Deutschland bestellt ist. Und diese Bilanz fällt meiner bescheidenen Meinung nach deutlich negativ aus, selbst wenn man die massiven und in vielen Teilen unnötigen Grundrechtseinschränkungen durch COVID-19 vernachlässigt. Von Horst Seehofers Versuchen, die Vorratsdatenspeicherung doch noch einzuführen, über die Einführung von Staatstrojanern (dazu gleich mehr), dem bundesweiten Einsatz von Kennzeichenscannern bis zu dem Vorstoß der Bundesländer, sämtliche Geräte mit „Jugendschutzfiltern“ auszustatten – die Freiheit und damit die Bürgerrecht hatten in dieser Legislatur einen schweren Stand.
Wie Guido Westerwelle es so treffend gesagt hat: „Bürgerrechte werden scheibchenweise reduziert“ – und genau das ist auch in dieser Legislatur passiert. Union und SPD haben keinen Versuch ausgelassen, essentielle Bürgerrechte zu schleifen. In einigen Bereichen ist es der Groko gelungen, in anderen musste sie Niederlagen kassieren und in einigen wenigen Fällen gab es teilweise Erfolg.
Der Staatstrojaner ist dafür ein ideales Beispiel. Kurzes technisches Warm-Up: bei dem Staatstrojaner handelt es sich um ein Stück Software, das wie ein Virus Sicherheitslücken nutzt, um die Kontrolle über ein technisches Gerät zu erlangen. Durch den direkten Zugriff an der Quelle, also dem Endgerät wie Smartphone, Notebook oder Desktop-PC, werden Verschlüsselungen vollständig umgangen. Es handelt sich damit um ein maximal invasives Verfahren, das den Ermittlungsbehörden Einblick in die intimsten Bereiche von Bürgern ermöglicht. Ich halte diesen quasi ultimativen Einblick und Eingriff in die Privatsphäre von Bürgern in keinem Fall für gerechtfertigt. Deshalb kann die gestrige Ablehnung des Bundesrates den Staatstrojaner für die Bundespolizei freizugeben, maximal als teilweiser Erfolg gewertet werden. Denn dem Bundesamt für Verfassungsschutz ist der Einsatz weiterhin gestattet und wenn sich etwas in den letzten Jahrzehnten gezeigt hat, dann dass bei diesen Methoden ein Trickle- Down stattfindet und die Einsatzszenarien kontinuierlich ausgeweitet werden. Die Abfrage von Standortinformationen aus dem Mobilfunkbereich kann hier als Beispiel gewertet werden. Anfangs nur für schwere Straftaten vorgesehen, wird das Verfahren inzwischen auch für Wohnungseinbrüche und andere weniger schwere Straftaten eingesetzt.
Für mich ist eindeutig: Wir, die Bürger dieses Landes, müssen uns entschieden gegen die Ausweitung von staatlichen Überwachungsmethoden zur Wehr setzen, denn in den falschen Händen können die einst für „die Sicherheit der Bevölkerung“ eingeführten Maßnahmen auch leicht gegen uns eingesetzt werden. In den falschen Händen stellen viele Befugnisse der Sicherheitsbehörden den idealen Rahmen für Repression und Unterdrückung bereit.
…in dubio pro libertas!
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